Die Windsor-Akte by Husemann Dirk

Die Windsor-Akte by Husemann Dirk

Autor:Husemann, Dirk [Husemann, Dirk]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2023-08-25T00:00:00+00:00


Kapitel 21

LA GRANGE FORT,

MAI 1940

»Wohin gehst du?« Lydies Stimme kam aus der Dunkelheit am anderen Ende des Raums. Es war Nacht. Josquin hatte die beiden Frauen in derselben Kammer untergebracht – zwei Betten, ein Tisch, zwei Stühle – und sie aufgefordert, das Schloss am frühen Morgen zu verlassen. Katharina wollte dieser Bitte gern nachkommen, aber erst musste sie wissen, wohin sie sich wenden sollte.

»Ich muss mal raus«, flüsterte sie Lydie zu. »Schlaf weiter.«

»Ich komme mit«, sagte die Französin.

Katharina hörte das Rascheln von Bettzeug, dann das Tappen von Füßen, doch es waren keine nackten Füße. Lydie hatte sich angezogen ins Bett gelegt, so wie sie selbst auch.

Katharina stieß die Luft aus. Allmählich begannen ihr Lydies Scharfsinn und Sturkopf auf die Nerven zu gehen. »Bleib hier«, zischte sie. »Ich bin gleich wieder da.«

»Und wenn dich Josquin am Funkgerät erwischt?« Lydie gab unverhohlen preis, dass sie genau wusste, was Katharina vorhatte. »Dann muss ihn doch jemand in Schach halten.«

Katharina widersprach nicht. Was hätte das für einen Sinn gehabt? Die beiden Frauen verließen die Kammer und schlichen durch den Korridor. Der Mond schien durch die hohen Fenster und beleuchtete den Gang. Es war unwahrscheinlich, dass sie jemanden trafen, denn außer Josquin lebte nur ein Gärtner auf dem Anwesen, und der schlief in einem Gesindehaus. Der Vicomte war nach einem kargen Mahl und ebenso karger Konversation die Treppe hinauf verschwunden. Wenn er nicht ebenso misstrauisch war wie Lydie, schlief er längst.

Das Musikzimmer war nicht abgeschlossen, das Funkgerät stand so da, wie sie es verlassen hatten. Lydie schloss leise die Tür. »Wie willst du den Herzog finden? Gibt es noch mehr Kontaktleute wie den Vicomte?«

Sie war ein heller Kopf. Aber sie kannte sich in Katharinas Welt nicht aus.

Katharina rückte den Stuhl vor dem Funkgerät zurecht und schaltete das Gerät ein. Während die Röhren warmliefen, erklärte sie Lydie, was sie vorhatte. »Der Herzog von Windsor wird früher oder später Hilfe brauchen. Er ist es nicht gewohnt, sich irgendwo zu verstecken. Er braucht das Licht der feinen Gesellschaft, den Luxus schöner Dinge, guten Essens und eleganter Kleidung. Er wird sich an eine Botschaft wenden, eine deutsche, wenn er noch immer nach Berlin überlaufen will, oder eine britische, wenn er plant, nach London zurückzukehren. Zu den englischen Diplomaten habe ich keinen Kontakt, aber die deutschen kann ich fragen, ob sie ihn gesehen haben. Immerhin bin ich im Auftrag des Führers unterwegs.«

So einfach, wie Katharina sie beschrieb, war die Angelegenheit leider nicht. Das zeigte sich in den folgenden Stunden, die sie damit verbrachte, verschlafene Botschaftsangestellte in Brüssel, Bern und Rom zuerst von ihrer Identität und dann von ihrem Anliegen zu überzeugen. Niemand hatte Edward und Wallis gesehen. Weder waren sie in Belgien noch in der Schweiz oder Italien aufgetaucht. Auch in Madrid waren die Windsors nicht. Dort saß eine Frau am Funkgerät.

»Wäre der Herzog von Windsor in Madrid erschienen, hätte ich davon erfahren«, sagte sie. »Wir haben allerdings gehört, dass ein englischer Diplomat in Barcelona eingetroffen sein soll. Das wäre nichts Ungewöhnliches, aber der Mann ist nicht mit dem Flugzeug, sondern mit dem Auto aus Frankreich gekommen, begleitet von einem Lastwagen voller Möbel.



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